Abtrennbalken

Newsletter vom 11.03.2017

Link Druckversion

Inhalt

Psychologie Biopsychologie

Editorial

Liebe Kundinnen und Kunden,
liebe Freundinnen und Freunde

Am 30. November 2005 habe ich damit begonnen, in regelmässigen Abständen (vier Mal jährlich) zu unterschiedlichsten Themen meine Gedanken zu Papier zu bringen und diese als Newsletter und als Information auf der Webseite im Internet zu veröffentlichen.

In der Zwischenzeit sind mehr als elf Jahre vergangen – und jetzt, so denke ich, ist dieser Zyklus des Schreibens in dieser Form und mit diesem Medium zu Ende gegangen. Lange habe ich für diesen Entscheid gerungen. Verschiedene Überlegungen, die mit dem Zeitgeist einhergehen, andere die eher privater Natur sind, führten zu diesem Entscheid.

Dieser Newsletter trägt nicht wie üblich das Datum eines fünfzehnten. (Die bisherigen Newsletter erschienen jeweils am 15.03., 15.06., 15.09. und 15.12. eines Jahres.) Es ist ausnahmsweise der 11. März 2017 – und das ist zugleich mein 70. Geburtstag. Das ist für mich ein schönes Datum, mit dieser Tradition des Schreibens aufzuhören und neue Wege zu beschreiten.

Es war eine spannende und ereignisreiche Zeit. Vier Mal im Jahr wollte ich einen Newsletter verfassen und ebenso oft stand ich am Anschlag, da ich nicht wusste, welche der vielen Themen für die Leser interessant wären. So ist denn auch nicht eine einheitliche Struktur entstanden, sondern eine grosse Vielseitigkeit, die ihresgleichen suchte. So sind Themen der Philosophie, der Psychologie, der Spiritualität und viele andere zum Zuge gekommen.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Vieles ist hektischer geworden. Aufgrund der Statistiken meines Web Hosters (das ist die Firma, die die Plattform fürs Internet zur Verfügung stellt) musste ich feststellen, dass immer weniger Leute die Zeit finden, sich den unzähligen Informationen wie Newsletter und sozialen Medien zu widmen. So haben beispielsweise im Dezember 2016 von den vielen angeschriebenen Interessenten aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich nur wenige den Newsletter angeklickt. Ich sage hier extra nicht «gelesen», denn die Verweildauer im Newsletter war im Durchschnitt weniger als drei Minuten.

Das ist wirklich eine Zeiterscheinung. Vor zehn Jahren wurde ein Internetauftritt daran gemessen, wieviel lesbare Informationen geboten werden. Heute wird das nicht mehr gewertet. Man sieht das an bekannten Websites wie beispielsweise Paypal.com, Microsoft.com oder auch Swisscom.ch. Das sind alles Firmen, die Gelder investieren, um das Verhalten der Leser im Internet zu analysieren.

Das Resultat ist einheitlich. Auf der ersten Seite der Webauftritte sind Bilder und ganz wenig Text. Das war's denn. – Google und Co. unterstützen nicht mehr interessante Inhalte. Ihr Ziel ist es, Werbung zu verkaufen.

Für mein Engagement im Rahmen meiner Tätigkeit im Geschäft in Lachen im Bereich der Bewusstseinsforschung und der Arbeit mit Einzelpersonen und Gruppen hat diese Veränderung mit dem Newsletter keinen Einfluss. Weiterhin stehe ich mittels E-Mail und persönlichen Kontakten für Gespräche und Hilfeleistung zur Verfügung.

Übrigens: Wenn Sie dieses Editorial bis hier gelesen haben, dann gratuliere ich Ihnen. Sie sind wahrlich eine Ausnahme.

Ich wünsche Ihnen frohe Ostertage, eine spannende Zukunft und einen schönen Tag – jeden Tag bis ...?

Robert Gruber



Psychologie

Es gibt Menschen die lieben Listen – die anderen nicht ...

Der Ausdruck «Liste» stammt aus dem Italienischen «lista», auf Deutsch Leiste oder auch Papierstreifen. Der Begriff «Liste» tritt als Teilbegriff in der Bezeichnung konkreter Informationssammlungen auf oder steht generell für die Art und Weise, Informationen in dieser Form/Struktur darzustellen.

Eine allgemein bekannte Liste ist die «To-do-Liste». Der Begriff To-do-Liste aus dem englischen to=zu und do=tun ist im Allgemeinen eine Pendenzenliste, Aufgabenliste, Liste offener Punkte etc.

Solche Listen können für uns eine grosse Entlastung sein. Ohne Liste bleibt nichts anderes übrig, als alles noch zu Erledigende im Kopf zu behalten. Gerade im Alter machen möglicherweise nicht mehr alle Köpfe mit...

Auf den ersten Blick ist bereits sichtbar, was alles zu erledigen ist. Ohne Liste sind vielleicht zwei oder drei Sachen im Vordergrund, die übrigen, ebenfalls notwendigen Aktivitäten, sind im Hintergrund. Mit einer To-Do-Liste können nicht allzu dringende Aufgaben nach hinten geschoben werden, ohne dass diese in Vergessenheit geraten.

Die To-Do-Liste ist nichts anderes, als eine Form der Ziele Definition. Grössere Ziele können in kleinere Pakete aufgeteilt werden. So kann ein grosses Ziel erreicht werden, was ohne diese Aufteilung viel schwieriger wäre. Solche Teilaufgaben sollen dann über eine Woche verteilt werden. So ist es möglich, täglich einen Teil abzuhaken. Dieses Abhaken ist für das Gehirn eine besondere Belohnung und führt zu einem euphorischen Zustand.

Das Abhaken ist ein nicht zu unterschätzendes Element der To-Do-Liste. Wir bekommen einen überblick dessen, was wir im Laufe der Woche tatsächlich leisten. Es macht uns deutlich, was wir tatsächlich tun – warnt uns im Gegensatz dazu aber auch, wenn unser Tätigkeitskatalog zu gross ist und in brauchbarer Zeit nicht abgearbeitet werden kann.

Damit haben wir aber auch ein Hilfsmittel, um auf visuellem Weg erkennen zu können, wenn wir in unserem Hamsterrad gefangen sind. Es gibt uns den Hinweis, wenn es notwendig wird, innezuhalten und über Sinn und Unsinn unserer Tätigkeiten nachzudenken.

Meine persönliche «To Do-Liste» habe ich inzwischen in eine Liste mit der Bezeichnung «Must Do-Liste» umbenannt. Der Grund liegt darin, dass diese Liste aktuell über zwanzig Einträge aufweist, die oft in unlogischer Reihenfolge abgearbeitet werden. Unlogisch deshalb, weil zuerst diejenigen Dinge erledigt werden, die einen schnellen Erfolg zeigen (... und Spass machen). Andere hingegen, die weniger spannend sind, werden unabhängig von der Wichtigkeit nach hinten geschoben.

Gerne erinnere ich mich an die Aussage von Umberto Eco¹: «Die Liste, das ist der Ursprung der Kultur. Was will die Kultur? Die Unendlichkeit fassbar machen.» Und schon habe ich wieder meine ellenlange Must-Do Liste vor Augen...

Listen geben einen Überblick unter mengenmässigem Aspekt. Sie machen Mengen sichtbar, vorhandene und fehlende; sie zeigen Erreichtes ebenso wie noch Fehlendes, Richtiges und Falsches. Sie ermöglichen aufgrund ihrer Anordnung (Hierarchie und Sortierung) ein einfaches Auffinden von Einzelinhalten.

Listen sind keine Erscheinung der Neuzeit. Bereits im Alten Testament, im 2. Buch Mose (Exodus), ist eine der ältesten bekannten Listen beschrieben. Es sind die 10 Gebote, bei denen es sich schliesslich um nichts anderes als die Auflistung von Regeln handelt.

Eine weitere umstrittene Liste, die die Welt veränderte sind die 95 Thesen von Martin Luther. Diese Liste mit den 95 Thesen soll er am 31. Oktober 1517 am Hauptportal der Schlosskirche in Wittenberg (BRD, Sachsen-Anhalt) angeschlagen haben.² Auch das war eine Liste, die die Welt verändert hat.

Im zivilisierten Leben geht nichts ohne entsprechende Listen. Ob in der Politik oder im privaten Leben. Auf Wahllisten können Personen hinzugefügt oder auch gestrichen werden. Einkaufen ohne eine Einkaufsliste führt zu ungewollten Ausgaben. Ein Flugzeugstart ohne Checkliste? Unmöglich.

Erst wenn uns bewusst wird, was unter Liste zu verstehen ist, können wir sehen, dass ohne eine solche formatierte Aufzählung ein riesiges Chaos bestehen würde.

Denken wir daran: Listen sind nicht zuletzt ganz einfach «sinnerhaltend» durch bewusste Zielsetzung, Ordnung der Wichtigkeit und Aufgabenwahl.


¹ Umberto Eco (* 5. Januar 1932 in Alessandria, Piemont; 19. Februar 2016 in Mailand) war ein italienischer Schriftsteller, Kolumnist, Philosoph, Medienwissenschaftler und wohl der bekannteste zeitgenössische Semiotiker. Sein berühmtester Roman ist „Der Name der Rose“.

² Die Historizität des Thesenanschlags, bei dem Luther seine 95 Thesen am 31. Oktober 1517 eigenhändig an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben soll, ist umstritten. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/95_Thesen



Biopsychologie

Der Bauch – ein Seismograph der Seele

Als Bauchgehirn bezeichnet man das Nervensystem des Magen-Darm-Traktes.³ Dieses sogenannte Enterische Nervensystem ist sehr komplex und kann Informationen seiner Sensoren selbst bearbeiten und in Eigenregie kontrollieren.

Schaut man in einem Bildatlas den Bauch an, sieht man alles Mögliche, nur nichts von etwas, das wie ein Gehirn funktionieren soll. Trotzdem ist es erwiesen, dass etwas existiert, wird von den Neurobiologen besttigt.

Umgangssprachlich spricht man vom «gesunder Menschenverstand», vom «sechsten Sinn» oder eben vom «Bauchgehirn». Obwohl man von Gehirn spricht, ist das nur eine Metapher und hat nichts mit kognitiven Prozessen zu tun.

Unter kognitiven Prozessen versteht man alle Vorgänge im Gehirn, die eine höhere Ebene der Verarbeitung benötigen. Wie haben wir das damals in der Schule ohne Taschenrechner bloss gerechnet? Rechnen und Erinnern – das sind Beispiele für Tätigkeiten, die kognitive Prozesse erfordern. Auch Lernen, Erkennen, Vergleichen, Nachdenken, Problemlösen, Entscheiden oder Planen erfordern höhere Hirnleistungen. Und das hat mit dem Bauch nicht wirklich etwas zu tun.

Die Frage ist denn, ob unabhängig der kognitiven Prozesse das Bauchgehirn eine Kopie des wirklichen Gehirns ist? Das ist mit einigen Einschränkungen tatsächlich vergleichbar.

Einige Forscher denken denn auch, dass das Bauchgehirn eine eigentliche Kopie des Gehirnes ist. Sie begründen dies damit, dass Zelltypen und Rezeptoren des Magen- Darmtraktes identisch mit denen des Gehirns seien und miteinander über ihre eigenen Botenstoffe kommunizieren. Ferner bestehe eine Nervenstrangverbindung zu der Grosshirnrinde und somit zum limbischen System, unserem Emotionszentrum im Gehirn. Es gibt für gewisse Dinge ein Gefühl und sendet Informationen vom Bauch an das Grosshirn und ist somit auch für Stimmungen und Emotionen von Bedeutung (emotionale Kompetenz).

Das enterische Nervensystem verfügt demnach auf chemischer und neuronaler Ebene über Ähnlichkeiten mit dem Gehirn. Das Gehirn unterscheidet sich jedoch insbesondere durch den hohen Grad seiner neuronalen Komplexität sowie durch deren funktional klar unterschiedene Nutzung, insbesondere für Kognition (also, grob gesagt: Denken, Emotionsverarbeitung und Bewusstsein) und Motorik, sowie die Verarbeitung von Sinnesdaten und deren Bewusstmachung.

Das Bauchgehirn besteht aus etwa 100 bis 200 Millionen Nervenzellen. Dieses Nervengeflecht liegt zwischen den Muskelschichten der Darmwand. Zum Vergleich: Ein Hund hat etwa 160 Millionen Nervenzellen in seiner Hirnrinde – und zählt damit zu den intelligenten Tieren. Ist unser Bauch also auch intelligent? Für seine Hauptaufgabe, die Verdauung, braucht er den Kopf jedenfalls nicht. Nach dem Schlucken übernimmt das Bauchgehirn das Kommando. Selbst wenn wir wollten, könnten wir die Verdauung nicht beeinflussen.

Trotzdem könnte man sagen, dass Bauch und Kopf miteinander sprechen. Mit dem einen Gehirn denken, mit dem anderen verdauen – theoretisch eine klare Aufgabenverteilung und Trennung. Aber die Gehirne kommunizieren miteinander über die so genannte Darm-Hirn-Achse. Das Bauchgehirn übermittelt zum Beispiel, ob wir satt sind oder hungrig. Auch Schmerzen und Unregelmässigkeiten im Verdauungstrakt werden nach oben gemeldet: Sind zum Beispiel Giftstoffe in Magen oder Darm, lösen Gehirn und Bauchgehirn Durchfall oder Erbrechen aus. Diese Kommunikation zwischen Bauch und Kopf erleben wir ganz bewusst. Die meisten Informationen fliessen jedoch unterschwellig, so dass wir nichts davon mitbekommen. Übrigens hat der Bauch dem Kopf mehr zu sagen als umgekehrt, rund 90% aller Informationen gehen von unten nach oben.

Michael D. Gershon (* 03.03.1938, New York City, Professor für Pathologie und Zellbiologie) sagt treffend: «Im Bauch sitzt eine zweite Kommandozentrale, die oft kompetenter entscheidet als der Kopf.»

Für die enge Verbindung zwischen Bauchhirn und Kopf spricht auch, dass sie dieselbe Sprache nutzen: Alle Botenstoffe, die im Kopf vorkommen, gibt es auch im Bauchgehirn. Dazu gehören zum Beispiel Dopamin und Amino-Buttersäure. Das bekannteste ist das so genannte Glückshormon Serotonin. Im Kopf beeinflusst Serotonin unser Wohlbefinden, im Darm steuert es zum Beispiel den Rhythmus der Darmtätigkeit, und es reguliert das Immunsystem.

Etwa 90 Prozent des Serotonins im Körper werden im Bauch produziert. Zwar kann das Serotonin aus dem Bauch nicht direkt ins Gehirn gelangen, weil es aus dem Blut nicht ins Hirngewebe übertreten kann; aber dennoch könnte es unseren Kopf beeinflussen – durch die Kommunikation zwischen den Gehirnen über die Darm-Hirn-Achse.

Letztlich könnte also unser Bauch sogar für Stimmungsschwankungen mitverantwortlich sein – und dann sind wir bei den Schmetterlingen im Bauch angekommen.


³ Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Enterisches_Nervensystem



INSTITUT FÜR NATURPHILOSOPHIE • Robert Gruber
CH–8853 Lachen SZ • St. Gallerstrasse 13
Tel: +41 79 638 08 54
© Robert Gruber, 2017
Impressum