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Newsletter vom 15.12.2014

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Inhalt

Hypnose Wissen Weihnachtsgeschichte Natur – Artenvielfalt

Grüezi

Früher war alles sehr viel einfacher. Ich konnte mir vorstellen, dass es Zeiten gab, in denen ein Mensch wirklich fast alles wissen konnte, was es zu wissen gab. Heute ist das Wissen jedoch so umfangreich, dass man sich dieses auch in einem langen Leben nicht aneignen kann. Beispielsweise gibt es weltweit 350'000 Arten Käfer, aufgeteilt in 179 Familien ... Und heute wird täglich so viel geschrieben und veröffentlicht, dass dies kein Mensch zu Lebzeiten lesen kann.

Doch mir liegt nicht daran, alle Fakten zu kennen, die in irgendeinem Nachschlagewerk stehen. Ich habe eine andere Vorstellung von «Wissen». Mit Wissen meine ich «Verstehen». Es geht schliesslich darum, die Welt mit den von mir gemachten Erfahrungen zu verstehen. Das muss nicht wissenschaftlich sein, es muss lediglich für mich stimmen.

Wahrheit ist das, was der einzelne Mensch wahrnimmt. Dies jedoch ist von Mensch zu Mensch verschieden – und alle Wahrnehmungen sind trotz riesiger Unterschiede für jeden Einzelnen die wahre Wirklichkeit.

Ich wünsche Ihnen harmonische Feiertage und einen schönen Tag – jeden Tag, bis zum nächsten Brief im März 2015.

Robert Gruber




Hypnose

Ist ein Leben ohne hypnotische Zustände real?

Oftmals wird von Kunden die Meinung geäussert, dass sie im Leben nie etwas mit Hypnose oder ähnlichem zu tun gehabt haben. Doch sie beachten nicht, dass beispielsweise Rasen mähen, ein Buch lesen, Auto fahren – diese einfachen Tätigkeiten meist nur in einem hypnotischen Zustand verrichtet werden.

In diesem Zustand ist der Mensch weder bewusstlos noch bei vollem Bewusstsein. Es handelt sich vielmehr um eine Kombination aus beidem. Das Gehirn arbeitet dabei ähnlich wie während des Tagträumens. Manche Areale sind deutlich weniger aktiv, der Datenaustausch zwischen den Hirnregionen wird teilweise eingestellt. Das zeigt sich daran, dass das Gehirn nahezu alle Wahrnehmungsinformationen ignoriert. Gleichzeitig steigert sich die Aktivität in den Bereichen, die für eine bestimmte Aufgabe, wie Lesen oder Sich-erinnern, benötigt werden. Unser Bewusstsein fokussiert sich somit auf einen einzigen Aspekt, als würde es mit einer Taschenlampe nur einen Punkt erhellen und betrachten. Dabei nimmt es von dieser einen Information jedes Detail wahr. Um diesen Zustand zu erreichen, muss eine Person besonders entspannt sein. Bei dieser Entspannung schwingt das Hirn mit acht bis dreizehn Hertz (Alpha-Wellen) und das ist nichts anderes, als ein Zustand der Hypnose. So kommt es, dass wir beispielsweise nicht bewusst wahrnehmen, wie wir mit dem Auto von A nach B fahren.




Wissen

Gähnen, eine soziale Körperfunktion

Über Sinn und Zweck des Gähnens scheinen die Ansichten auseinander zu gehen. Es gibt Quellen die sagen, dass Gähnen durch Sauerstoffmangel ausgelöst wird. Andere wiederum machen für das Gähnen die Langeweile verantwortlich.

Doch ist das Gähnen überhaupt auf irgendeine Art für irgendetwas nützlich? Wie für (beinahe fast) alles, gibt es natürlich auch über das Gähnen wissenschaftliche Studien, die zu den nachstehenden Resultaten gekommen sind.

Die Gähnforschung – im Fachjargon Chasmologie genannt – beschäftigt Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen, darunter Hirnforscher, Psychologen, Biologen oder Mediziner. Zu Letzteren zählt Adrian Guggisberg von der Universitätsklinik Genf. «Eine der ältesten Hypothesen besagt, dass das Gähnen den Sauerstoffgehalt im Körper erhöhe, also eine alternative Form des Atmens sei", erzählt der Neurologe.

Hippokrates vertrat die Meinung, dass Gähnen der besseren Sauerstoffversorgung des Gehirns diene. Doch die von dem griechischen Arzt angeregte Sauerstoff-Theorie entpuppte sich als Aberglaube. Das zeigte spätestens im Jahr 1987 ein Experiment des US-Neuropsychologen Robert R. Provine¹. Der Pionier der Gähnforschung liess Probanden normale Luft, reinen Sauerstoff und veränderte Konzentrationen an Kohlendioxid einatmen. Egal welches Luftgemisch – es gab keinen Unterschied bei der Gähnfrequenz. Die Teilnehmer atmeten zwar schneller, aber sie gähnten nicht häufiger. Ähnliches gilt für das Joggen. Ein Läufer japst nach Luft. Aber er gähnt nicht, um mehr Sauerstoff zu bekommen.

Hat Gähnen möglicherweise einen Zusammenhang mit Müdigkeit? Wir gähnen zwar besonders leidenschaftlich, wenn wir müde sind – nach dem Gähnen sind wir aber nicht munterer als davor. Das Gähnen hat also offenbar keinen weckenden Effekt auf die Hirnaktivität oder den Körper im Allgemeinen.

Da bleibt noch die These mit dem Druckausgleich im Ohr – und das funktioniert tatsächlich. Wer schon einmal im Flugzeug oder in der Seilbahn gegähnt hat, weiß, dass Gähnen den Druck im Innen– und Mittelohr ausgleicht. Allerdings lässt sich der Druck auch durch andere Mundbewegungen ausgleichen, wie etwa durch Kauen oder Schlucken. Evolutionär gesehen dürfte diese Körperfunktion also nicht der Hauptgrund sein, warum wir zum Gähnen fähig sind.

Was ihn für unsere Überlegungen interessant macht, sind die Daten aus seiner Anatomie:

Übrig bleibt die These, dass Gähnen ein soziales Verhalten ist, das im Verlauf der Evolution zu einem Vorteil führte. Den Zusammenhang zwischen Gähnen und Empathie belegt die Tatsache, dass Gähnen nur bei Menschen ansteckend ist, deren Sozialkompetenzen intakt sind. Schizophrene und Autisten sowie Kinder unter fünf Jahren reagieren nämlich nicht auf das Gähnen der anderen.

¹ Robert R. Provine (* 11. Mai 1943 in Tulsa) ist ein US-amerikanischer Neuropsychologe und Gelotologe. Er ist seit 1983 Professor für Psychologie an der Universität von Maryland




Weihnachtsgeschichte

Der kleine Stephen und das Weihnachtswunder²

Diese Geschichte hat sich im Jahre 1961 in einer kleinen amerikanischen Stadt zugetragen. Meine Freundin, die dort wohnt, schrieb mir im folgenden Januar darüber. Ich habe den Brief sorgfältig aufbewahrt, denn es ist eine Geschichte, die über Zeit und Raum hinweg die Herzen erwärmt.

Wir haben viele Schulen in unserer Stadt, die Höhere Schule, zwei Volksschulen und das Waisenhaus, wo ungefähr zwanzig Kinder verschiedenen Alters wohnen. Es ist keine staatliche Einrichtung. Seit vielen Jahren erhielt seine Leiterin, die zugleich die Kinder unterrichtet, jeden Herbst durch einen Rechtsanwalt einen Scheck von ungenannt sein wollender Seite. Mit diesem Geld und mit äusserstem Sparen und Einteilen hat es die Frau verstanden, den Kindern ein Heim zu bereiten, dessen Dach wohl an verschiedenen Stellen den Regen und die kalten Winde durchlässt, das aber erfüllt ist von Güte, Wärme und Hilfsbereitschaft.

Letzten Herbst nun blieb der Scheck aus. An seiner Stelle kam ein Brief des Anwalts, dass der anonyme Spender gestorben sei und deshalb keine weiteren Zuwendungen mehr erfolgen könnten. Zugleich hatten unsere Stadtväter beschlossen, die Kinder an staatliche Waisenhäuser zu verteilen, das alte Gebäude abzubrechen und an seiner Stelle ein kleines Sportzentrum mit Schwimmbad und Tennisplatz zu errichten.

Die Leiterin wusste davon und ihr Herz war schwer. Den Kindern aber hatte sie es vorläufig verschwiegen, denn sie wollte ihre Vorfreude auf Weihnachten nicht zerstören.

Kurz vor dem Fest findet in unserer Stadt jeweils ein Weihnachtsliedersingen statt. Die Schule, die am schönsten singt, erhält einen ansehnlichen Geldbetrag zu ihrer freien Verfügung. Dieses Geld wird von einem alten Sonderling gestiftet, unserem einzigen reichen Mitbürger. Die Leute sagen, er tue es lediglich darum, weil er den Betrag von seinen Steuern absetzen könne.

So beginnen denn schon im Oktober die verschiedenen Schulen mit der sorgfältigen Zusammenstellung ihres Chores und dem Einüben der Lieder. Die Waisenhauskinder waren bisher stets leer ausgegangen, und dieses Jahr stand es um ihre Aussichten schlechter denn je.

Im September war ein kleiner, verschüchterter Bub neu zu ihnen gekommen. Er hatte grosse, traurige Augen, ein bleiches, verhärmtes Gesichtlein und in der Nacht weinte er im Schlaf. Als dann aber nach ein paar Wochen die Kinder begannen ihre Weihnachtslieder zu üben, schien der kleine Stephen seine Ängste und Nöte zu vergessen. Er stand in der vordersten Reihe und sang mit einem Eifer und einer Hingabe, die allen zu Herzen ging.

Nur – Stephen konnte überhaupt nicht singen. Er konnte nicht einen einzigen Ton halten und seine Stimme klang unter den anderen wie die eines alten, heiseren Vogels. Die Mutter, wie die Waisenhausvorsteherin von allen genannt wurde, hatte mit den Kindern in Stephens Abwesenheit darüber gesprochen. Es war allen klar, dass sie unter diesen Umständen auch nicht die kleinste Aussicht hätten, den Preis zu gewinnen. Aber keines, nicht ein einziges, wollte, dass er vom Singen ausgeschlossen würde.

Damals weinte die Mutter. Sie weinte nicht um das Geld, sondern weil ihre Kinder, für die es neue, warme Kleider, Schuhe und Spielsachen bedeutete, ein grosses Zeugnis ihrer Güte und ihres Verstehens abgelegt hatten.

So kam also der Tag des Singens. Die Stadthalle war bis zum letzten Platz gefüllt. Die Jury sass, mit den Stadträten und ihren Gattinnen, zuvorderst im Saal, der kleinen Bühne gegenüber. Alle, Buben und Mädchen, waren einheitlich gekleidet, die Kleinen der einen Schule hielten brennende Kerzen in den Händen und waren entzückend anzusehen.

Zum Schluss kamen die Waisenhauskinder. Sie trugen ihre besten Kleider, aber auch diese waren verwaschen und schon mehrfach geflickt. Das Interesse der Zuhörer war nicht mehr so gross, einige waren bereits im Begriff, den Saal zu verlassen. Die Vorsteherin gab mit der Stimmgabel den Ton, und dann begann der kleine, zusammengewürfelte Chor zu singen. Die Stimmen waren hell und frisch und die Mutter wartete mit einem Stich im Herzen auf den Moment, wo die Gruppe, der Stephen angehörte, einfallen würde.

Und dann ereignete sich das Weihnachtswunder in unserer kleinen Stadt. Denn als der ganze Chor zusammenklang, erhob sich eine Stimme hoch über die anderen. Sie klang wie eine Silberglocke, sie war von einer Reinheit und Süsse, die alle Ohren bezauberte und von einer Innigkeit, die alle Herzen warm und weit werden liess.

Natürlich erhielten die Waisenhauskinder den Preis. Was aber mehr ist: sie werden nicht fortgeschickt. Sie erhalten ein schönes und warmes Haus und in Zukunft Beiträge, die es der Vorsteherin ermöglichten, ihre Kinder ohne Sorgen zu kleiden, zu nähren und zu erziehen.

„Warum hast du nicht schon früher so gesungen?“ fragte die Mutter den kleinen Stephen, als sie ihn an diesem Abend zudeckte.

„Ich sang ja gar nicht“, antwortete der Bub. „Ich wusste, dass meine Stimme nicht so hübsch ist wie die der anderen Kinder und wollte an diesem Tag den Gesang nicht verderben. Ich bewegte nur meine Lippen zu den Worten. Ich war es gar nicht, der so sang ...“

² Angaben zur Quelle sind mir leider nicht bekannt.




Natur – Artenvielfalt

Die Hoffnung stirbt zuletzt – und die Vielfalt zuerst!

Mit atemberaubender Geschwindigkeit sterben Arten und verschwinden Lebensräume. Und wer soll dem Einhalt gebieten? Ausgerechnet wir als Schuldige entscheiden, wen und was wir retten wollen und retten können.

Kennen Sie den Streifenkiwi? Rund und flauschig stakst er durchs Unterholz der neuseeländischen Nordinsel und stochert im Boden nach Insekten. Ein unbeschwertes Leben? Von wegen. Abholzung und eingeschleppte Raubtiere machen den flugunfähigen Federknäuel das Leben schwer. Fünf Kiwi-Arten gibt es in Neuseeland, sie alle sind vom Aussterben bedroht. Ob jede von ihnen gerettet werden wird, ist mehr als ungewiss.

Deshalb stellt sich dringender als je die Frage: Was ist schützenswert? Konzentriert man sich auf genetisch einzigartige Wesen wie den Kiwi? Auf charismatische Spendenmagnete wie den Eisbären oder den Orang-Utan? Darauf, möglichst viele Arten zu retten – auch wenn das womöglich das Todesurteil für den Eisbären bedeutet? Schützt man besonders gefährdete Arten zuerst, während weniger seltene Spezies aufgrund mangelnder Unterstützung der Katastrophe entgegenschlittern? Hilft man jenen Arten mit den besten Überlebenschancen? Oder jenen, die für ihr Ökosystem von besonderer Bedeutung sind? Sollten wir Geld in Nisthilfen für Störche, Zuchtprogramme für Welse und Auffangstationen für Elefantenwaisen investieren, oder sollte unser Augenmerk allein auf den Erhalt ihrer Lebensräume liegen?

Schulden wir der Mopsfledermaus mehr Überlebenshilfe als der Kleinen Hufeisennase (Fledermaus mit 70 Arten)? Dieser Entscheid ist bereits gefallen: Glück für die Mopsfledermaus, Pech für die Kleine Hufeisennase ...

Für die Gegenwart gäbe es noch Hoffnung. Um das Management aller Schutzgebiete und Tierarten zu bezahlen, die in der Biodiversitäts-Konvention der Vereinten Nationen Erwähnung finden, würden pro Jahr Kosten von rund 80 Milliarden US-Dollar anfallen. Dies schätzen Forscher um Donal Mc Carthy¹ von der Artenschutzorganisation Bird Life International. – Doch wer ist bereit, diese Kosten zu übernehmen?

¹ Quelle: Donal Mc Carthy



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