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Newsletter vom 15.03.2010

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Inhalt

Mathematik Ethik Spiritualität
Grüezi mitenand

Nach den letzten veröffentlichten Mitteilungen wurde ich vermehrt darauf angesprochen, die beschriebenen Gedanken ausführlicher darzustellen. Dabei spiele es keine Rolle, wenn weniger Themen ausgewählt werden, wenn dabei nur der Klarheit mehr Raum gegeben werde.

Nun habe ich versucht, auf diesen Wunsch einzugehen. Doch die gewählten Themen können auch so nur ansatzweise beschrieben werden. Das Material und die Forschungsrichtungen sind so vielfältig und komplex, dass eine ausführliche Beschreibung hier kaum möglich ist.

In diesem Brief wird erklärt, weshalb das menschliche Hirn nicht rechnen kann. Eine Behauptung, die nicht selbstverständlich ist und jeden Leser zum Nachdenken anregen soll.

Ein weiteres, eher heikles Kapitel betrifft die Menschenangst. Aus all den zur Verfügung stehenden Materialien geht hervor, dass eine Abneigung gegen das Fremde im Menschen seit jeher tief verankert ist. Die Ursachen sind unterschiedlich, je nach Forscherteam gehen die Erklärungsmodelle in eine andere Richtung. Ich versuche hier, auf wenigem Platz ein paar Argumente anzuführen, die ebenfalls zum Nachdenken anregen sollen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag – jeden Tag, bis zum nächsten Brief am 15. Juni 2010.

Robert Gruber



Mathematik

Unser Hirn kann nicht rechnen! – Eine verrückte, nicht bewiesene Idee

Die nachfolgenden Gedanken sind nicht bewiesen. Sie stammen aus meinem Denken im Zusammenhang mit meiner Zahlenlehre und darin insbesondere (wieder einmal) mit der Ziffer Eins. So bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als diese Idee selber zu überdenken, sich selber bewusst zu werden, was das in unserer Welt bedeutet. Was es bedeutet, wenn ich behaupte:

«Das biologische Hirn des Menschen – eine natürliche Intelligenz – kann nicht rechnen, ist nicht in der Lage, eins und eins zusammen zu zählen!»

Ich will mich da nicht lustig über diejenigen machen, die besser rechnen können als ich selbst. Jeder wird hier behaupten, dass er in der Lage ist, eins und eins zusammen zählen zu können. Doch da muss ich leider widersprechen: «Kein Mensch kann das!»

Vielleicht haben Sie auch schon beobachtet, wie mühsam der Schüler in der Primarstufe/Grundschule das kleine Einmaleins lernt. Denn kein Gehirn kann von Natur aus in ausreichend kurzer Zeit beispielsweise drei mal sieben rechnen. Es funktioniert nur deshalb, weil wir in mühsamer Kleinarbeit das kleine Einmaleins auswendig gelernt haben. Das ist der Weg, einem Menschen etwas beizubringen, das er von Natur aus eigentlich gar nicht kann. Der Schüler muss auswendig wissen, dass dreimal sieben einundzwanzig ergibt. Erst wenn das ganze Einmaleins fertig im Hirn abrufbereit ist, kann sich der Schüler an grössere Sachen wagen wie beispielsweise zwölf mal zwölf – und auch das ist natürlich auswendig gelernt.

Der Eine oder Andere mag denken, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank! Da müssen wir die Problematik von einer anderen Seite angehen: «Wenn Rechnen nicht zu den Fähigkeiten einer biologischen Intelligenz gehört, was ist es dann, das sie auszeichnet?»

«Natürliche Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, dass sie aufgrund vieler Erfahrungen Vorhersagen trifft über das, was als nächstes geschehen wird. Ein Lebewesen merkt sich, wo es Nahrung findet, die es zum Überleben benötigt. Und es macht Vorhersagen, wo es an weitere Nahrung gelangen könnte. Diese Eigenschaft, die die natürliche Intelligenz ausmacht, zeigt sich nicht nur in den grossen Fragen des Überlebens, sondern in jeder Sekunde des Alltags.»

Beachten Sie einmal, wie sich das Lenkrad des Autos anfühlt. Tausende Male fasst man es an und weiss genau, wie es sich anfühlt. Wenn meine Hand danach greift, macht mein Gehirn eine Vorhersage darüber, was der Tastsinn meiner Hand gleich fühlen wird. Trifft die Vorhersage ein, bemerken wir nicht einmal, dass es sie gegeben hat. Aber wehe, das Lenkrad fühlt sich auf einmal wie Metall an. Sofort gibt es einen Widerspruch zwischen Vorhersage und Realität. Die Aufmerksamkeit ist geweckt, eine höhere Region des Gehirns ist gefordert, sich mit dem Problem zu beschäftigen, sich in der Welt neu zu orientieren. Das heisst: Intelligenz ist ein Vorhersagemodell, das unendlich viel Erfahrung sammeln muss, bevor es funktioniert.

Aber danach läuft in einer vertrauten Umgebung alles wie von selbst. Und neue Situationen werden mit alten verglichen und über die Suche nach Analogien ebenfalls gemeistert. Werden sie nicht sofort gelöst, muss sich das Gehirn länger damit beschäftigen. Am Ende hat man wieder eine Erfahrung mehr gesammelt, die beim nächsten Mal hilft. Und das alles läuft ununterbrochen von selbst ab, ohne dass es dazu vorher eine feste Programmierung (kleines Einmaleins!) braucht. Ein sehr flexibles System, das geradezu nach neuen Erfahrungen hungert.

Das ist die Erklärung zu meiner Aussage, «das biologische Hirn des Menschen – eine natürliche Intelligenz – kann nicht rechnen, ist nicht in der Lage, eins und eins zusammen zu zählen!»

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Tipp geben, wie Sie das Gehirn auf einfache, jedoch effiziente Technik üben können. Wenn Sie sich beispielsweise als Freizeitbeschäftigung mit dem Lösen von Kreuzworträtseln beschäftigen, ist das Hirn kaum gefordert. Der Physiker, der sich im Alter mit Physik beschäftigt, fordert sein Hirn ebenfalls nicht besonders. Es sind alles Sachen, die im Hirn zu einem grossen Teil vorhanden sind.

Wenn man jeden Tag eine Viertelstunde am Fernseher Sendungen schaut, für die man sich nicht interessiert, dann sind das Themen, die dem Hirn fremd sind und es werden zuhauf neue Verbindungen geschaffen und damit das Hirn gefordert!


Ethik

Xenophobie – die angeborene Menschenangst

In der Schweiz sind es die Kopftücher und Minarette, in Deutschland die Türken, bei den Eingeborenen die nächste Sippe. Selbst bei den Affen spielt das Akzeptieren der eigenen Verwandtschaft und das Ablehnen der Fremden eine zentrale Rolle. Da das Phänomen der Ablehnung des Fremden weit verbreitet und möglicherweise sogar in unserer Grundstruktur verankert ist, müssen wir uns überlegen, ob wir eine diesbezügliche Veränderung in uns tatsächlich bewirken möchten und eine solche auch bewirken können.

Doch zuerst muss man sich mit dem Ursprung dieser Ablehnung beschäftigen. Denn eine nähere Beschäftigung mit diesem Thema zeigt auf, welch unterschiedliche Ursachen für den Einzelnen möglich sind. Dabei handelt es sich bei nachstehenden Ausführungen nicht um eine abschliessende Aufzählung, sondern um eine kleine Auswahl der möglichen Ursachen.

Bei den Tieren ist eine Abneigung gegen das Fremde offensichtlich an der Tagesordnung. Bei den uns nahestehenden Schimpansen und den Forschungsprojekten mit den Orang-Utans wurde beobachtet, wie das Abstossen, das Ablehnen, das Vermeiden, das Abgrenzen und sogar das Attackieren von Artgenossen zum täglichen Leben gehören. Ein kleiner Ausflug in das angrenzende Revier kann für den Eindringling den Tod bedeuten. Bei den Tieren ist das zurückzuführen auf Sicherung der Nahrung für die eigene Sippe, die Sicherheit der Sippe und das Ausschliessen von allfälligen Nebenbuhlern.

Damit das Zusammenleben von Individuen funktioniert, muss es Grenzen geben, die ein Zuviel der Kooperation verhindern. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Wesen im besten Fall ausgebeutet und im schlimmsten Fall verschlungen wird. Das gilt, auch wenn wir das auf den ersten Moment nicht wahrhaben möchten, insbesondere für die Menschen.

Es scheint, dass beim Menschen neben seinem bekannten Immunsystem ein zweites, ein verhaltensbasiertes Immunsystem existiert. Es ist dem ersten gewissermassen vorgelagert und soll uns vor dem Kontakt mit potenziellen Eindringlingen schützen. Das kann nicht überraschen, denn seit Hunderten Millionen von Jahren wird das Leben durch Bakterien, Viren, Pilzen oder Würmern bedroht. Jede Massnahme, die da auch nur einen gewissen Schutz gegen die Bio-Piraten lieferte, brachte einen Überlebensvorteil und setzte sich entsprechend schnell durch. Und so ist es die effektivste Option, Mikroorganismen fernzuhalten, dass sie unseren Körper gar nicht kapern können, indem man das Fremde als Gefahr anschaut. Ist jemand nicht von hier, scheint er augenblicklich als verdächtig. Schaut er noch anders aus, heisst das nichts anderes als: «Bleib weg! Höchste Ansteckungsgefahr!»

Die Evolution belohnt diejenigen mit besten Überlebenschancen, die den Kontakt mit Artgenossen vermeiden, die als potenzielle Überträger gefährlicher Krankheitskeime gelten. Der barmherzige Samariter ist in der Menschheitsgeschichte ein Ausnahmefall!

Es sind also sehr wohl auch äussere Kriterien, die unser Verhalten gegenüber dem Fremden beeinflussen. Äussere Kriterien wie die Vorliebe für schöne oder scheinbar vermögende Menschen («Kleider machen Leute»!) lassen ein ganz unterschiedliches Verhalten zum Fremden erkennen. Maskuline Gesichtszüge des heranwachsenden Mannes weisen auf die genetische Qualität der Nachkommen hin.

Schlussendlich lohnt es sich, wählerisch zu sein, da die sozialen Kosten grösser sind als der Nutzen des Zusammenseins. So wählen wir eine Gruppe mit «guten» Mitgliedern und schliessen die schwarzen Schafe aus. Wir sind nicht gewillt, unseren Erfolg mit anderen Gruppen zu teilen.

Kleine Kinder fremdeln. Ab dem Alter von fünf bis sechs Monaten weinen sie, sobald sich ihnen eine fremde Person nähert. Untersuchungen zeigen, dass die Angst stärker ausgelöst wird, wenn sich dem Kind Männer nähern. Handelt es sich dann noch um Bartträger, ist es mit dem Lächeln endgültig vorbei.

Für den österreichischen Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt (* 15. Juni 1928 in Wien-Döbling) ist das Fremdeln der Babys der Beweis dafür, dass es sich bei der Fremdenfurcht um ein den Menschen angeborenes Verhalten handelt. Wie tief die Furcht sitzt, zeigt sich darin, dass Kinder etwa die Angst vor Schlangen lernen müssen, dass aber niemand ihnen lehren muss, sich vor Fremden zu fürchten. Und diese Furcht sitzt so tief, dass sie trotz aller Beschwichtigungen der Eltern fortbesteht.

Mittlerweile vertreten Anthropologen wie Sarah Blaffer Hrdy eine andere Theorie. Sarah Blaffer Hrdy ist emeritierte Professorin für Anthropologie an der University of California und zählt zu den derzeit führenden Soziobiologinnen und Primatenforscherinnen. Sie sehen in der akuten Panikreaktion der Babys eine Folge von Kindstötungen, die bei unseren Vorfahren weit verbreitet waren. «Bei etlichen Primatenarten, den Menschen eingeschlossen», schreibt Hrdy in ihrem Buch «Mutter Natur» (Sarah Blaffer-Hrdy, «Mutter Natur – Die weibliche Seite der Evolution» Berliner Taschenbuch Verlag, ISBN 3-8333-0178-3), «bedeutet das Eindringen nichtverwandter Männchen, die sich niemals mit der Mutter gepaart hatten, eine Bedrohung für Babys – insbesondere für jene, die noch nicht entwöhnt waren.»

Die grausame Logik hinter diesen Infantizid-Handlungen (die Tötung von Nachkommen der eigenen Art bei Tieren), die man noch heute von vielen Affenarten kennt, ist folgende: Übernimmt ein Männchen eine fremde Gruppe, tötet es die Kinder der Konkurrenten. Warum sollte es helfen, fremde Gene zu verbreiten? Vor allem aber werden die Weibchen durch den Verlust des noch zu stillenden Kindes dazu gebracht, wieder einen Eisprung zu bekommen; entsprechend schnell können sie vom neuen Männchen begattet werden.

Sarah Blaffer Hrdy sagt weiter: «Da Infantizid während der gesamten Evolution eine chronische Bedrohung war, gehören Fremde zum Angstrepertoire kleiner Kinder. Noch heute ist in traditionellen Gesellschaften ein Kleinkind, das gerade von seiner Mutter wegkrabbeln kann und nicht fremdelt, gefährdet.»

Dass dem leider so ist, können wir immer wieder aus den Nachrichten erfahren. Und es macht nicht den Anschein, dass die Menschheit dieses «Primatenverhalten» ändern wird.


Ethik

Xenophobie – Exkurs

Dieser Fremdenangst bin ich in meiner Arbeit mit der Befreiungstherapie öfters begegnet. Aufgrund der zum Teil tragischen Geschichten, die sich jeweils hinter den Fällen verbargen, kann ich die Erkenntnisse der Anthropologen nur bestätigen. Es hatte aber auch andere Ursachen, die ich hier aufgrund des begrenzten Platzes nicht erwähnt habe. Beruhigend ist, dass sowohl den betroffenen Kindern als auch Erwachsenen geholfen werden konnte.


Spiritualität

4 Ebenen der Wahrnehmung (Einleitung)

Wenn wir von Ebenen der Wahrnehmung sprechen, fragt sich immer, nach welchem System diese Ebenen definiert werden. Da ist es unterschiedlich, ob wir das System der Anthroposophen oder anderen spirituellen Richtungen anschauen, immer sind wesentliche Unterschiede vorhanden – und trotzdem scheinen diese Theorien in sich zu stimmen.

Nun möchte ich hier eine kurze Übersicht über ein System beschreiben, das von Ureinwohnern in den Anden und im Amazonas Gebiet definiert und gelebt wurde. In einer späteren Ausgabe dieser Schrift werde ich detaillierter auf die verschiedenen Stufen eingehen.

Über die Wahrnehmung läuft ein grosser Teil unserer Lebensqualität. Was der Mensch tatsächlich wahrnimmt, ist für ihn wahr. Wenn er an diese Wahrnehmungen glaubt, was mit grosser Sicherheit anzunehmen ist, beeinflusst er damit direkt sein Leben und Erleben. Beinahe jeder Mensch möchte auch die Welt oder zumindest seine direkte Umwelt verändern. Dies geschieht auf verschiedene Art und Weise. Die einen stellen Regeln auf und erlassen Gesetze (die Römer) und religiöse Gebote, die mittels Gewalt durchgesetzt wurden. Andere wiederum erstellten Konzepte wie die alten Griechen mit ihren Philosophen. Sie wussten von der Kraft der Gedanken, um die ihnen ungenehmen Werte zu verändern.

Nun gibt es einen anderen, viel effizienteren Weg. Wir arbeiten weder mit Regeln noch mit Konzepten – wir verändern unsere Wahrnehmung! (Fortsetzung folgt)


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